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13.12.2005 Nigde - Pozanti

Klaus

Hallo Europa, heute am Dienstag den 13. Dezember sind wir über den Berg. Nach 98 Kilometern sind wir in Pozanti angekommen. Aber wieder der Reihe nach. Unser Frühstück in Nigde war sehr gut. Leider war es draußen mit 2 Grad lausig kalt. Wir brauchten einige Kilometer, um unsere Betriebstemperatur zu erreichen. Kaum waren wir so richtig in Gang gekommen, gab es die erste Sehenswürdigkeit zu besichtigen. Es war eine römische Wasserleitung, die, wenn ich es richtig mit meinen nicht vorhandenen Türkisckenntnissen verstanden habe, aus dem ersten Jahrhundert stammt. Wir sind von einem Sammelbecken bis zum Ende der Leitung im Ort Bahceli zwei Kilometer immer an ihr entlang gefahren. Danach ging es schön bergauf. Wir überquerten den Pass Kolsuz Gec, der 1490 Meter hoch ist und danach den Caykavakpass, der mit genau 1600 Metern der höchste Punkt unserer Türkeireise war. Dort war natürlich der ehrgeizige Hein als erster oben. Der Nebel hörte auf und wir hatten vom Pass an Sonnenschein. Damit haben wir das Taurusgebirge gemeistert. Es ist für die Tuerkei gewissermaßen das, was die Alpen für Deutschland sind, eine Klimascheide. Wenn bei uns wieder einmal die Störche zu spät zum Brüten eintreffen, ist immer das Wetter am Taurus schuld. für die hohen Berge benötigen die Störche Aufwinde zum Segeln. Der höchste Berg, den man noch zum Taurus zählt, ist der Ararat ganz im Osten. Er ist mit seinen fast 5200 Metern so hoch, dass dort angeblich während der Sintflut Noah mit seiner Arche auf Grund lief. So hoch sind die Berge, die vor uns liegen, nicht. Aber auch über 3500m rechts und über 3700 links unseres Weges verlangen von uns ziemlichen Respekt ab. Wir müssen dazwischen durch. Der Pass, den wir benutzen wollen, ist die Kilikische Pforte. Auf Türkisch heißt sie Gülek Bogazi. Sie ist historisch außerordentlich bedeutender als der bei uns viel bekanntere Brennerpass. Fast zwei Jahrtausende bevor die alten Griechen dem Pass den Namen Pylae Ciliciae gaben, überquerten ihn schon die Akkader, um ihr Reich vom Persischen Golf bis weit nach Kleinasien auszudehnen. Ob ihr großer König Sargon hier war, weiß ich nicht. Tausend Jahre später zogen hier die Heere der Hethiter durch, um sich in Syrien mit den Ägyptern unter dem großen Pharao Thutmosis zu schlagen. Vielleicht trug hier auch ein Bote den ersten Friedensvertrag der Welt entlang, den danach Pharao Ramses mit den Hethitern schloss. Siebenhundert Jahre später zogen hier die Händler des lydiaschen Koenigs Krösus durch. Er galt damals als der reichste Mann der Welt, sozusagen ein antiker Bill Gates. Wie dieser, war auch Krösus durch eine bedeutende Erfindung reich geworden. Die Lyder gelten als die Erfinder der Münzen, also des Geldes schlechthin. Und genau wie das Windows von Bill Gates nicht ganz rund läuft, waren die ersten Münzen ziemlich unrund. Richtig runde Münzen gelang es erst zu prägen, als drei Jahrhunderte später der Mathematiker Archimedes die Zahl Pi genau berechnete. Wie das immer so ist auf unserer Welt, erregte Krösus den Neid seiner Nachbarn. Deshalb zog der große Perserkönig Kyros durch die Kilikische Pforte und besiegte die Lyder. Er befreite also nicht nur die Juden aus der Babylonischen Gefangenschaft, sondern Krösus auch von seinem Geld. Den Persern gönnte man ihren erworbenen Reichtum selbstverständlich auch nicht. Im Jahre 333 v.u.Z. zog deshalb ein dreiundzwanzigjähriger griechischer Sauf- und Raufbold mit seinen Leuten durch die Pforte. Nachdem er in der Stadt Gordion einen kunstvollen Knoten einfach zerhackt hatte, weil er nicht in der Lage war, ihn aufzuknoten, stellte er sich als Feldherr ebenfalls dusselig an. Er übersah das riesige Persische Heer völlig und zog erst einmal vorbei. Nun standen die Perser im Norden an der Kilikischen Pforte und die Griechen im Süden. Als diese ihren Fehler bemerkten, drehten sie um und stürzten sich mit Gebrüll auf die Perser. Vorneweg ihr oberster Raufbold, der sich unbedingt mit dem feingeistigen Perserkönig Darius schlagen wollte. Entsetzt über so viel Barbarentum wandte sich Darius mit Grausen ab und verliess das Schlachtfeld. Seine den Griechen haushoch ueberlegene Mannschaft wiederum verstand das falsch und dachte, die Schlacht sei verloren. Seitdem nennen die Historiker den Griechenkönig Alexander den Grossen Feldherren und alle Schüler müssen sich den blöden Spruch merken: "333 bei Issos Keilerei". Keine zweihundert Jahre später, also als die Münzen schon schön rund waren, kam der Römer Pompeius, einer der beiden Kumpel von Caesar, hierher, um die berüchtigten kilikischen Seeräuber zu besiegen und somit Rom die Herrschaft über das östliche Mittelmeer zu sichern. Nachdem er diese Drecksarbeit erledigt hatte, erschlug ihn Caesar, um das Kaisertum zu erfinden. Caesar selbst war anscheinend nicht hier; aber 1200 Jahre später ein anderer großer Kaiser, wegen seines roten Bartes Barbarossa genannt. Weil ihm die Flüsse in Deutschland zu kalt waren, ging er lieber im kilikischen Fluss Saleph, heute auf Türkisch Göksu, baden. Dabei ersoff er 1190 und seine beiden Kumpel König Richard Löwenherz von England und Philipp August von Frankreich mussten den dritten Kreuzzug allein gegen Sultan Saladin anfuehren. Wir werden deshalb nicht in diesem Fluss baden. Pardon, jetzt bin ich etwas vom Thema abgekommen. Wir haben also den anatolischen Winter gut überstanden, den wir so gefürchtet hatten. Nach dem Pass gab es eine schnelle und lange Abfahrt. Die Polizei sperrte für uns die Schnellstrasse in einer Richtung komplett, was natürlich einen Riesenstau verursachte. Jetzt sind wir in einem Hotel, wo direkt unter unserem Panoramafenster sich die Autobahn befindet und wir kein einziges Fahrzeug verpassen können. Klaus Hauptvogel Klaus Nachtrag 12.12.2005 Liebe Freunde in Deutschland, Montag, der 12.12. war für uns ein Kulturtag, obwohl wir mit 105 Kilometern und 864 Höhenmetern auch ein wenig bei kaltem Wind und Nebel geradelt sind. Wir sind durch das Tuffsteingebiet Kappadokiens gefahren. Hier haben die Leute überall Höhlen in das weiche Gestein gehauen. Zuerst haben wir ein Freilichtmuseum in Goereme besichtig, das ein Kirchendorf war und komplett in den Tuffstein gehauen wurde. Jede Wohnung und jede kleine Kirche ist also im Prinzip eine Höhle. Eine schien mir sogar noch bewohnt. In dem Dorf lebten Eremiten. Danach fuhren wir ein Stück weiter und besichtigten das unterirdische Dorf Kaymakli. Es ist wie ein Bergwerk unter der Erde. Unser Führer erzählte, dass es schon zur Zeit der alten Ägypter angefangen, aber besonders nach den Kreuzzügen von Christen ausgebaut wurde, die sich vor ihren unchristlichen Feinden verstecken mussten. Die Ägypter führten unter Tutmosis und Ramses ja Krieg gegen die hier lebenden Hethiter. Seit der Tuerkenzeit wurde es nicht mehr bewohnt und erst 1964 wiederentdeckt. Das Dorf hat acht Stockwerke. In jedem Stockwerk konnten einhundert Familien Wohnen, also insgesamt achthundert! Es war mit Speichern, Ställen, Mehlmühlen, Waschküchen, Kochküchen und Weinlagern bestens ausgerüstet. Die Leute konnten bis zu einem halben Jahr unter der Erde leben. Über diesem unterirdischen Dorf gab es natürlich ein überirdisches mit normalen Häusern. Dort lebten die Menschen in Friedenszeiten. Nachdem wir für die Besichtigungen viel Zeit verbraucht hatten, ging es bis in die Dunkelheit hinein mit schnellem Tempo bis nach Nigde. Zum Glück hatten wir meist Rückenwind. Das Hotel war sehr schön und wer wollte, konnte in die Badewanne steigen und seine Wäsche waschen. Hier in der südlichen Türkei ruft der Muezzin schon 5.45 Uhr. Das ist ganz praktisch, denn für viele von uns ist es die Weckzeit. Im Team haben einige Husten und Schnupfen, fahren aber trotzdem ganz gut mit. Rene hat sich von seiner gestrigen Alleinfahrt gut erholt. Viele Grüsse in die Heimat. Bitte schreibt mir doch mal, welches i das richtige ist. Das oben im Text oder das hier. Klaus Hauptvogel
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